Minderwertiger Job?
Hallo alle zusammen.
Gestern habe ich eine Unterhaltung über mich mitbekommen. ich denke die Damen wussten wohl nicht das ich direkt um die ecke rum saß.
Was ich hörte hat mir irgendwie zu denken gegeben...
Ich habe 2010 eine Ausbildung zur Sozialassistentin abgeschlossen und dann bis 2013 in einer Kita gearbeitet. Das war eine schöne Stelle die mir viel Spaß gemacht hat. Aber es war nie DER Traumberuf für mich.
Meine Eltern haben eine eigene Spedition, schon seit ich Kind war. Damals ging ich nicht in den Kindergarten weil ich Angst davor hatte, so nahm mich meine Mutter täglich mit zur Arbeit, sie ist Berufskraftfahrerin, genauso wie mein Vater und die Eltern und Geschwister meiner Mutter.
Ich saß also täglich mit im LKW und es gab nichts schöneres für mich.
So äußerte ich mit 5 Jahren das erste mal das ich wenn ich groß bin nicht etwa Prinzessin oder Ballerina werden will, sondern selber einmal LKW Fahren möchte, natürlich in der Firma meines Vaters.
Der Wunsch wurde nie geringer. Auch mit 15 Jahren wollte ich immernoch auf dem LKW sitzen und wurde dafür stets belächelt.
Mit 20 war ich mit der Schule fertig, mein Vater wollte mich nicht zu sich nehmen. Ich wäre dafür weder geeignet noch könnte er sich noch einen Mitarbeiter mehr leisten.
Also machte ich erstmal meine Ausbildung als Sozialassistentin.
In der Zwischenzeit arbeitete ich mit Hochdruck daran meinen Vater umzustimmen, half hier und da aus wenn wer krank wurde, half wenn mal mehr Arbeit da war, fing an dort einmal die Woche neben der Ausbildung als Be- und Entladerin auszuhelfen.
2013 wurde dann eine Mitarbeiterin meines Vaters Schwanger und kündigte an nach der Elternzeit nicht zurück zu kommen.
Das war dann meine Chance und ich bekam die Stelle tatsächlich. Seit September 2013 habe ich nun endlich meinen Traumjob! Ich sitze von Montag bis Freitag jede Nacht auf dem LKW. Es ist nur Teilzeit mit je 5 Stunden täglich, aber als Sozi hatte ich auch nur 6 Stunden am Tag, da ich wegen unseres Sohnes nie Vollzeit arbeiten wollte.
Ich liebe meine Arbeit einfach und kann mir nichts schöneres Vorstellen. Ich bin so wahnsinnig stolz darauf und würde immer am liebsten jedem davon erzählen was mir gelungen ist, was für ein wahnsinns glück ich hatte den Traumjob zu bekommen den ich mir seit meinem 5ten Lebensjahr so gewünscht habe!
Und dann das! 5 Leute unterhielten sich über mich. Wie schlimm das doch wäre das ich ständig bei Kik einkaufe und das dies bei meinem minderwertigen Job kein wunder wäre, viel Geld würde ich ja bestimmt nicht nach Hause bringen. Sie meinten ich würde in meinem Leben zu nichts kommen, keine Karriere machen und irgendwann im Alter mit H4 rumjammern.
Ich war echt perplex. Wie kann man über jemanden so lästern wenn man doch so wenig Ahnung hat?
Ich besitze ausser Socken nichts von Kik. Mein Job ist nicht minderwertig. Ohne mich oder Leute wie mich könnten sie gucken wie sie ihre Waren bekommen. Und wenig Geld verdiene ich auch nicht, ich bin nicht reich, aber wir haben genug angespart das wir 2016 ein Haus bauen. Zumal ich jetzt mehr verdiene als in der Kita. Was heißt denn schon Karriere machen? Das man Beruflich erfolgreich ist? Das bin ich. Ich leiste viel und es macht mir wahnsinnigen Spaß, also finde ich es sehr erfolgreich!
Von einer der Frauen weiss ich das sie in der Bank arbeitet, ich weiss aber auch das sie sich immer wieder beschwert wie sehr sie ihre Arbeit doch hasst.
Da frag ich mich wer von uns beiden jetzt mehr erreicht hat. Sie die in einem Job zwar ordentlich verdient aber damit ungklücklich ist. Oder ich die gut verdient und damit glücklich ist?
Mich nervt das irgendwie total. Ich war nie der Mensch der sich darum gekümmert hat was andere denken. Ich war immer stolz auf meinen Job und meine Ausbildung, auch wenn ich mir oft anhören musste wieso ich nicht noch die Ausbildung zur Erzieherin gemacht habe. Das war mir egal, ich vertrat immer meinen Standpunkt.
Aber das wirft mich grade echt aus der Bahn. Leute die sonst eigentlich immer sehr nett sind, mit denen man sich ab und an unterhält... und dann reden sie so über einen.
Ich würde einen Job nie als minderwertig bezeichnen. Jeder Job hat seinen Sinn und zweck und ist auf seine Art und weise wichtig. Auch meiner!
Ich glaube das mich das deshalb so belastet weil es in meiner Kindheit nicht anders war. Als meine Eltern mit uns in unser Elternhaus zogen (wir sind 4 Kinder) wurde dort Jahrelang über uns gelästert.
Die dachten alle wir wären Asozial weil meine Eltern eben 4 Kinder haben und LKW fahren. Die dachten sogar das Haus wird vom Amt bezahlt.
Erst 13 Jahre später als eine neue Familie ins Haus gegenüber zog und sich mit meiner mutter länger unterhielt wurde es besser. Denn diese Familie war die erste die mal fragte was tatsächlich bei uns los ist. Prompt erfuhr die gesamte Nachbarschaft das meine Eltern nicht bloss LKW Fahren, sondern eine Firma besitzen, das unser Haus nicht vom Amt bezahlt wurde, sondern von meinen Eltern gekauft wurde und das eine im Ort sehr bekannte Spedition meiner Tante gehört.
Die Leute mochten uns immernoch nicht, aber jetzt waren wir in deren Augen "die wohlhabenden" Geschäftsleute in deren Hintern man kriechen muss damit die eigenen Kinder dort vielleicht eine Ausbildungsstelle mit Sonderrechten bekommen können weil man sich ja eben kennt.
13 Jahre lang hat man uns wie dreck behandelt, die Nachbarskinder durften nie mit uns spielen weil wir ja ein schlechter Umgang gewesen wären.
Oh man, das ist aber lang geworden. Ich höre besser auf.
Vielen Dank fürs durchlesen!