Ehe vor die Wand gefahren und nun?
Hallo ihr Lieben,
mein Mann und ich sind schon sehr früh, d.h. während des Abis zusammengekommen. Es war quasi die große Liebe. Mittlerweile sind wir Mitte 30 und haben zwei kleine Kinder (eins davon ist noch ein Baby).
Ich weiß nicht, wann es passiert ist, aber irgendwann sind wir wohl falsch abgebogen, da es sich mittlerweile so anfühlt, als hätten wir unsere Ehe und Beziehung vor die Wand gefahren. Wir stecken fest und kommen nicht weiter, dabei fühlte sich vor 1-2 Jahren noch alles gut und richtig an. Sonst wäre es nicht zum zweiten Kind gekommen ...
Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber unsere Beziehung wurde schon immer von ähnlichen Streitthemen begleitet. Wir hatten regelmäßig kleinere Krisen und nach dem Zusammenzug auch eine ziemlich große. Unsere Rettung war dann zunächst, dass einer von uns studiumsbedingt ein Auslandsjahr einlegen musste. Da rissen wir das Ruder rum, da wir einfach gemerkt haben, was wir an dem anderen haben. Paar Jahre später mussten wir wieder für 2 Jahre jobbedingt eine Fernbeziehung führen. Es klappte super und stärkte unsere Beziehung so sehr, dass wir letztendlich vor 4 Jahren geheiratet haben und dann recht schnell unser erster Kind bekommen haben (absolutes Wunschkind). Es folgte kurze Zeit später - mitten während Corona - das zweite Kind.
Mein Mann ist unzufrieden mit seinem Job und würde sich lieber selbstständig mit einer seiner Interessen machen. Die konkrete Geschäftsidee fehlt ihm allerdings. Zudem verdient er in seinem Angestelltenverhältnis zu wirklich guten Rahmenbedingungen sehr gut. Leider ist seine Tätigkeit sehr saisonal, d.h. es gibt im Jahr immer wieder mal Quartale, da hat er keinen 9 to 5 Job, sondern arbeitet bis abends und teilweise in die Nacht. Schon während der ersten Schwangerschaft versuchte ich ihn davon zu überzeugen, dass er sich nach der Geburt mehr abgrenzen muss, denn spätestens wenn ich wieder anfange zu arbeiten, müssen wir uns die Kinderbetreuung aufteilen. Ich wurde jedoch zeitnah wieder schwanger, sodass sich dieses Problem vertagte.
Mir macht Corona sehr zu schaffen. Denn all die schönen Sachen des Babyjahres sind bisher ausgefallen (Babykurse, Kaffee trinken mit anderen Müttern, Besuche von Freunden zur Geburt des zweiten Kindes, etc.). Schon die Schwangerschaft wurde von Corona überschattet. Mittlerweile stecke ich das nicht mehr einfach so weg. Mir fehlen einfach echte soziale Kontakte.
Nun haben wir also zwei kleine Kinder. Ich bin in Elternzeit. Mein Mann arbeitet im Home Office, darf nicht ins Büro und befindet sich mal wieder in einer heißen Phase und wir streiten wieder häufiger und leider auch häufig unschön (mit pauschalen Verurteilungen, Trennungsandrohungen, teilweise Beleidigungen, ich hab ihn in Vergangenheit häufiger Arschloch genannt ).
Es geht um den Haushalt, zu laute Kinder während seiner Arbeitszeit und die Erziehung allgemein. Ich fühle mich im Stich gelassen, da mein Mann sich kaum einbringt. Dabei hat er sich mit Kind Nr. 1 als Baby wirklich viel beschäftigt, wobei er auch bei diesem Kind mittlerweile sehr nachgelassen hat.
Mein Mann vermischt beim Streiten gerne Themen und pauschalisiert. Das macht es schwer konstruktiv miteinander zu reden. Gerade das Thema Erziehung ist ein heißes Eisen bei uns. Er möchte da keine Kompromisse eingehen und wenn ich der Meinung bin, dass seine Methoden „zu hart“ sind, zieht er sich zurück, da ich ihn ja nicht machen lasse und ich darf dann zusehen wie ich klarkomme. Er würde am liebsten „schwarze Pädagogik“ praktizieren, während ich eher bedürfnisorientiert unterwegs bin. Er würde die Kinder nie im Leben schlagen, aber sein Ton ist teilweise schon sehr grenzwertig. Er hat auch kein Problem damit, das große Kind zum Zähne putzen zu zwingen oder es ins Auto zu verfrachten.
Nun fiel wieder das böse Wort „Trennung“. Doch mittlerweile ist es für mich keine Drohung mehr, sondern eine Option. Mein Mann will eine Trennung den Kindern nicht antun. Ich hingegen möchte meinen Kindern den Ist-Zustand nicht antun. Für mich gibt es nur die Option: Es ändert sich schnell was zum Positiven oder wir müssen als Paar getrennte Wege gehen, wobei wir damit die Erziehungsdifferenzen auch nicht aus der Welt schaffen würden.
Mein Mann hat professionelle Unterstützung in Form einer Paartherapie abgelehnt. Er hat mittlerweile mehrfach zugegeben, dass er Angst hat, dass er dabei den Kürzeren zieht und der Psychologe zur Trennung rät. Ich hab nun für mich beschlossen, dass ich mir trotzdem Unterstützung von außen hole, da ich einfach nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Ich weiß nicht, ob wir uns als Paar unwiderruflich auseinander gelebt haben oder ob Corona und die Kinder wie Brandbeschleuniger gewirkt haben und die Lage würde sich von allein wieder entspannen, wenn wieder Normalität im Alltag einkehrt.
Ich kann nicht mal sagen, dass ich meinen Mann nicht mehr liebe. Es ist schon fast ein Jahr her, dass wir sowas wie Paarzeit genossen haben. Das wird wohl auch ein Teil des Problems sein. Ich sehe nach wie vor die guten Seiten an ihm. Ich habe auch kein Interesse an anderen Männern oder einem neuen Partner. Bei ihm ist es genauso.
Ich empfinde unsere Beziehung zurzeit nur als viel zu energieraubend im Alltag. Ich hab es so satt in Bezug auf die Kinder immer um „Hilfe bitten zu müssen“, wo doch er derjenige war, der den Kinderwunsch stärker verspürte und ihn forcierte.
Vielleicht hängen wir auch beide in einer Depression und merken es nicht (mein Mann jobbedingt und ich coronabedingt)?
Ich weiß gar nicht, was ich mir von dem Thread hier erhoffe, denn eine Entscheidung könnt ihr mir nicht abnehmen. Aber vielleicht geht es hier jemanden ähnlich?
Oder hat Erfahrung mit Paartherapie, wenn nur eine Partei bereit ist, hinzugehen?
Wie geht ihr mit unterschiedlichen Erziehungsstilen um?
Geht es noch jemandem so, dass Corona die Beziehung belastet?
Vielen Dank fürs Lesen!