Hab ich ihn quasi zum Sex eingeladen? – Eure Meinung
Hallo zusammen,
bisher habe ich immer nur fleißig mitgelesen. Jetzt hatte ich aber ein Erlebnis zu dem ich gerne ein paar andere Meinungen hören möchte. Ich schieß einfach mal los und freue mich auf eure Einschätzung:
Ich habe vor kurzen jemanden kennengelernt. Wir haben uns zweimal offiziell getroffen und uns ziemlich gut unterhalten. Gut, ich fand ihn nett und dachte mir, dass da vielleicht mehr draus werden könnte. Mit dem verlieben tue ich es mir allgemein schwer, aber grundsätzlich war ich nicht abgeneigt.
Wir haben uns also ein erstes Mal unter einem anderen Vorwand privat bei ihm verabredet. Nun hat es sich ergeben, dass er mir gestand, dass er sich in mich verliebt habe. Da ich ja nicht ganz abgeneigt war, habe ich mich darauf eingelassen. Wir haben uns geküsst und ich merkte dass er mir am liebsten sofort an die Wäsche wollte. DAS ging mir dann doch etwas zu schnell.
Man muss dazu anmerken, dass ich (24) bis zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht hatte. Ich hatte weder eine Beziehung, hatte noch nie jemanden geküsst, geschweige denn Sex. Genau das habe ich ihm auch mitgeteilt und gesagt, dass ich das Ganze gerne langsam angehen möchte. Dass er der erste wäre hat ihn übrigens außerordentlich gefreut.
Ich dachte, das Thema wäre damit erst einmal "geklärt". Irgendwie hätte ich erwartet, dass der Gegenüber unter den Umständen ganz selbstverständlich einen Gang zurückfährt und es einem ermöglicht sich langsam an das Thema heranzutasten. Bin ich da irgendwie zu naiv eingestellt?
Nun gut, beim ersten Treffen ist dann auch nichts weiter passiert. Er hat es akzeptiert, dass es zu schnell für mich war und ich dachte, dass das auch für zukünftige Treffen gilt... weitgefehlt.
Jetzt kommt der große Fehler meinerseits: Da es die letzte Gelegenheit war ihn noch einmal zu sehen bevor er für einen Monat weg war, habe ich mich darauf eingelassen Abends vorbeizukommen und über Nacht zu bleiben – ich wollte Reden, vielleicht ein bisschen kuscheln, aber keinen Sex!
Zwischen dem ersten und zweiten Treffen war in etwa eine Woche Zeit. Ich war mir immer noch nicht klar über meine Gefühle, hin und hergerissen zwischen "ich will ihn unbedingt" und "ich will nicht", habe mich dann für "erst mal weiterlaufen lassen" entschieden.
Nun zum zweiten Treffen: Ich bin Abends eingetrudelt, wir haben uns erst nett unterhalten und dann gings los. Er hatte wohl offensichtlich die ganze Woche an nichts anderes als an Sex mit mir gedacht und war fest davon ausgegangen, dass ich in dieser Nacht mit ihm schlafen würde. Umso größer war dann die Enttäuschung, als ich wiederum Nein sagte. Ich erklärte ihm dass ich noch nicht so weit sei.
Aber was dann kam hat mich völlig überfordert. Ich hatte immer gedacht, dass ein "Nein" reichen würde und der Partner es dann ohne große Diskussionen zu akzeptieren hat, wenn man (noch) keinen Sex haben möchte. Oder liege ich da völlig falsch?
Er hat mich tierisch unter Druck gesetzt, mir ein schlechtes Gewissen gemacht. Eine kleine Auswahl an Sprüchen: "Ich habe mich so auf diese Nacht gefreut (und du machst es mir jetzt kaputt)", "Wenn das jetzt schon so anfängt", "Das tut mir weh (seine Erektion und seelisch)", "Ich werde heute die ganze Nacht (vor Kummer) nicht schlafen können und morgen einen Scheißtag haben", "Wenn du nicht mit mir schlafen möchtest, dann liebst du mich nicht" und "wie lange soll ich denn noch warten"
Ich dachte echt ich wäre im falschen Film und neutral mit Abstand betrachtet hätte ich meinen Kram packen sollen und flüchten. Habe ich aber nicht, ich hatte damit nicht gerechnet und war komplett überfordert, wollte das Ganze auch nicht kaputt machen. Und er hatte auch ein großes Geschick in seiner Argumentation.
Das Ende vom Lied ist, dass ich nach etwa einer Stunde (!!) penetranten Nein-Sagens aufgegeben habe und nicht mehr Nein gesagt habe. Ich konnte einfach nicht mehr. Das heißt nicht, dass ich Ja gesagt hätte, ich habe einfach resigniert gar nichts mehr gesagt und "es geschehen lassen".
Ein paar Tage später bin ich mir darüber klar geworden, dass ich mit jemanden, der bei einer so intimen Sache keine Rücksicht auf die Bedürfnisse des anderen nehmen kann keine Beziehung möchte. Auch wenn ich es schade fand. Wäre die Aktion nicht gewesen hätte er eine reelle Chance gehabt, denke ich. Auch ohne den Sex hatte ich bisher noch nie jemanden so nah (emotional) an mich rangelassen ...
Ich habe ihm dann auch mitgeteilt, dass ich die Sache beenden möchte. Er ist aus allen Wolken gefallen und konnte nicht wirklich verstehen, warum ich denn auf einmal nicht mehr wollte. Zu seinen Ehren muss ich auch sagen, dass er sich entschuldigt hat wegen der Nacht. Dass er es im nachhinein auch nicht ok fand, das er so gedrängt hat.
Jetzt meine Frage an euch: Ist es (natürlich unter Berücksichtigung meiner Vorgeschichte, die ihm ja bekannt war) quasi eine Einladung zum Sex, wenn man bei jemanden nächtigen möchte?
Irgendwie habe ich immer gedacht, dass man gerade am Anfang von Beziehungen auch erst mal die Nacht miteinander verbringen könnte ohne gleich miteinander zu schlafen. Einfach nur zum Reden, Kuscheln... man kennt sich ja kaum. Völlige Fehleinschätzung?
Und das andere: Mir will es einfach nicht in den Kopf, dass "Mann" unbedingt mit einer Frau schlafen möchte, obwohl die offensichtlich nicht will. Das ist doch nicht normal, oder? Ich dachte immer, dass es auch dem Mann keinen Spaß machen kann, wenn die Frau nicht möchte...
Außerdem war eigentlich immer davon ausgegangen, dass ein "Nein" reichen müsste. Habe ich mich da getäuscht, oder lag es einfach nur an dem Exemplar, das ich da erwischt hatte?
Danke an alle, die meinen Roman durchgelesen haben!
Ich freue mich über eure Meinungen