Als wäre sie nicht mehr da (Mutter hat paranoide Schizophrenie)
Hallo, liebe Med1.-User!
Ich muss mir mal ein wenig den Frust, oder eher die Trauer, von der Seele schreiben :(. Ich selbst bin 33 Jahre jung, habe zwei bezaubernde Kids und wohne sehr weit weg von zu Hause, etwa 500 km liegen zwischen mir und meinem Elternhaus.
Es geht um meine Mutter, sie hat paranoide Schizophrenie. Sie war in meiner Kindheit meine Hauptbezugsperson und hatte diese Krankheit schon immer, folglich hat sie mich in der Kindheit auch mit ihren negativen Ansicht geimpft (z.B. "Männer sind Schweine, die Frauen nur vergewaltigen wollen", "Deine Großeltern und dein Vater sind schlecht, die planen etwas, um uns loszuwerden", "Triff dich nie mit anderen, andere Leute wollen uns Böses" usw.), ich bin also quasi damit aufgewachsen. Gleichzeitig war meine Mutter aber auch immer davon überzeugt, dass ich gegen sie einen Plan aushecke. Sie war auch der Meinung, irgendjemand hätte ihr das gesagt. Dafür bezog ich oft Prügel. Gleichzeitig war ich sozial isoliert, weil Mama mich nicht weg ließ. Papa war arbeiten bis spät abends, ich war abgesehen von der Schule fast nur mit ihr zusammen. Mama war auch sehr vereinnahmend und eifersüchtig, wenn ich mal wen mit nach Hause brachte, drohte mir mit Selbstmord oder damit, jemand anderem was anzutun, wenn sie das Gefühl hatte, ich vernachlässigte sie. Sie erzählte mir auch ganz harte Sachen, dass sie z.B. schon Stricke für uns beide auf dem Dachboden angebracht hätte als ich ca. 2 Jahre alt war, weil sie dachte, dass Oma was gegen uns ausheckt.
Kurz gesagt: Alles ziemlich sch****.
Ich bin dann mit 16 weggezogen und habe Schulabschlüsse nachgeholt und mich dann um meine berufliche Ausbildung gekümmert, weil die Situation mit Mama unerträglich war. Seitdem besuche ich Mama nur an Weihnachten und rufe ab und zu mal an. Ich war 8 Jahre lang selbst in Therapie, um die Folgen vom Zusammenleben mit meiner Mutter aufzuarbeiten. Das hat super geklappt (Ich hatte Angst- und Panikstörungen sowie Zwangsstörungen entwickelt, Wasch- und Kontrollzwang ebenso).
Meine Mutter ist erst seit 4 Jahren in Therapie, hat diverse Psychiatrieaufenthalte hinter sich; alle Ärzte sind sich einig bei der Diagnose Paranoide Schizophrenie. Leider ist Mama aber ein hoffnungsloser Fall. Sie will sich nicht helfen lassen, geht nur ganz ungerne zum Arzt und Therapeuten und die Medikamente, die sie bekommt, nimmt sie nicht, angeblich wegen der Nebenwirkungen. Wenn Mama Wahnanfälle hat, terrorisiert sie ihr Umfeld regelrecht. Es kommen unfassbare Mindwertigkeitskomplexe, Schuldzuweisungen an andere im Schreiton, krasse Abwertungen, sie wünscht anderen den Tod (z.B. mir). Sie beschuldigt halt auch die ganze Welt, Schuld zu sein an ihrer Krankheit. Mein armer Vater (eine gaaanz sanfte und leide r auch zu weiche Natur) sowie meine Oma brauchen schon fast selbst eine Therapie, weil sie mit ihr zusammenleben müssen.
Seit den letzten zwei Monaten ist die Krankheit auf ihrem Höhepunkt. Mama hasst mich und sagt das offen, ich werde auch nicht mehr angerufen. Ich selbst bemühe mich immer sehr, mit ihr zurecht zu kommen. An Weihnachten war ich zu Besuch und habe für sie und die anderen gekocht, gebacken und ein wenig im Haushalt geholfen, mit dem Ergebnis, dass sie mich jetzt noch mehr hasst. Ich sei ein Spion, der Gift ins Essen mischt.
Ich habe schon x mal gehört, ich solle mich bei ihr einfach nicht mehr melden, ihr sei eben nicht zu helfen.
Die Frage ist: Wie soll ich verfahren? Soll ich Mama wirklich aufgeben? Es fällt mir sehr schwer und es macht mich auch so traurig, es ist, als hätte ich keine Mutter mehr :-(. Ich beneide die jungen Frauen in der Stadt, die mit ihren Müttern einkaufen gehen oder in Cafés und ich weiß, dass das bei mir nie so sein wird. Obwohl ich eine tolle Schwiegerfamilie habe, fehlt mir die mütterliche Seite im Leben. Niemand kann diesen Platz einnehmen. Oft fühlt es sich für mich ein wenig so an, als wäre Mama gestorben. Sie interessiert sich kein Stück für mich und sie weiß auch nichts über mich...
Ich hoffe, das ist nicht zu lange geworden!
Liebe Grüße, Simone