Bulimie – ich bin schwer essgestört
Hallo liebes Forum,
ich habe so lange überlegt und hier mitgelesen, und nun denke ich, mich endlich "outen" zu können. Ich bin schlimm essgestört. Das ganze geht nun seit ca. 7 Jahren so, ich bin heute 21 Jahre alt.
Momentan gehe ich zur Uni, komme jetzt ins zweite Semester und habe wieder völlig die Kontrolle verloren. Mein "Leidensweg" sieht grob gefasst so aus: Mit etwa 13 Jahren begann alles so langsam, ich habe keine Ahnung mehr wie genau.
Ich rutschte in die Magersucht, wurde jedoch rechtzeitig aufgefangen und ging mit leichtem Untergewicht (BMI knapp 17) in Therapie. Diese Therapie hat mir aus damaliger UND heutiger Sicht absolut nichts gebracht. Es handelte sich um eine Kinderpsychologin, die mir damals einfach nur albern erschien. Ich war im Kopf schon viel weiter, als mit Kuscheltieren scheinbar versteckt oder unbewusst irgendwelche Probleme darstellen zu wollen.Das Ganze hat mich aber irgendwie doch aus der Magersucht rausgezogen, weil meine Eltern zunehmend wachsam wurden. Ich konnte nicht mehr einfach weiterhungern wie zuvor.
Stattdessen rutschte ich jedoch in die Bulimie (mit ca. 15 Jahren). Die schlepp ich bis heute mit mir, mal schlimmer, dann wieder weniger schlimm, aber ohne geht es nie. Ich war einmal stationär in einer Klinik, das war kurz nach meinem halbjährigen High School-Aufenthalt in der 11. Klasse. Danach kam dann eine weitere ambulante Therapie, von der ich heute behaupten würde, dass es die einzige war, die mir überhaupt etwas gebracht hat, weil ich da auch mal einen Tritt in den Hintern bekommen habe und nicht ausschließlich als krank angesehen wurde.
Natürlich habe ich ansatzweise die Gründe für meine Essstörungen erarbeiten können (das jedoch wohl mehr durch Selbstreflektion, als durch Therapie), aber diese hier aufzuführen, würde glaube ich zu weit gehen.
Mein Problem momentan ist einfach, dass ich durch den Uni-Druck und auch die viele Zeit in der ich eigentlich lernen sollte, wieder vollkommen aus dem Takt komme. Während der Vorlesungszeit geht es noch, da muss ich mich nicht so lange ablenken, aber momentan seit ca. Mitte November ist es wieder das absolute Chaos.
Ich tue einfach ALLES, um mich nach dem Essen übergeben zu können. Ich wohne in einer 2er-WG, ihr könnt euch also vorstellen, dass das nicht so einfach ist, meine Bulimie zu verstecken. Aber irgendwie geht es dennoch. Ich schäme mich sehr dafür, aber ich habe wirklich alle Tricks auf Lager, um mich übergeben zu können. Das geht von Waschmaschine zig mal anstellen, um das Geräusch zu übertönen über im Zimmer in eine Tüte zu brechen bis hin zum Übergeben in der Dusche. Ich fühle mich mittlerweile so kalt und abgeklärt, das trifft es gut. Trotzdem habe ich immernoch Angst, dass mein Mitbewohner mich erwischt oder er schon längst davon Wind bekommen hat.
Mein eigentliches Problem ist: WIE KOMME ICH DA JETZT SCHNELL WIEDER RAUS??? Ich will das nicht mehr. Ich will wieder Freude haben, nicht mehr nachdenken müssen, nicht mehr so viel Geld für Essen ausgeben, mich nicht mehr verstecken müssen, keine aufgequollenen Augen haben, und nicht mehr diese ganze Trickserei anstellen müssen.
Das Hindernis: Ich studiere im Ausland und kann somit nicht mal eben so in Therapie. Selbst wenn ich bereit dazu wäre. Also muss ich mir irgendwie selber helfen, und mittlerweile glaube ich auch, dass es bei mir einfach nur Faulheit ist oder dass ich einen perversen Genuß empfinde, wenn ich die Bulimie auslebe. Sprich: Ich räume mir selbst nicht mehr ein, das Ganze als Krankheit darzustellen, weil ich glaube, ich habe noch nie ernsthaft versucht mir in den Hintern zu treten und zumindest zu versuchen, die Bulimie hinter mir zu lassen.
Meine Idee war nun folgende: Ich habe schon in einigen Fällen (nicht nur Essstörungen) mit Erstaunen und einem Lächeln auf den Lippen mitgelesen, wie dieses Forum einem seiner Mitglieder sehr sehr stark unter die Arme gegriffen hat. Dieser Zusammenhalt und die Sorge um einen eigentlich fremden Menschen hat mich sehr beeindruckt, und ich würde mich riesig freuen, wenn ich auch probieren dürfte, gemeinsam mit euch hier im Forum die Essstörung hinter mir zu lassen.
Bitte sagt mir eure Gedanken oder Meinungen, ich freu mich über jeden, der schreibt.
Viele liebe Grüße,