Ist die Trauer noch normal ?
Ich muss kurz ausholen: mein Vater ist in der Nacht zum 1.August an Lungenkrebs verstorben. Die letzten Minuten seines Lebens waren sehr qualvoll, ich war da und hab ihm bis zum letzten Atemzug die Hand gehalten.
Ich war die ersten Wochen täglich an seinem Grab, dachte mir würde das bei der Verarbeitung irgendwie helfen, mittlerweile gehe ich sporadisch hin. Manchmal zweimal, manchmal öfter.
Am 01.Dezember ist es nun 4 Monate her, aber ich habe das Gefühl nichts wird besser, es wird von Tag zu Tag schlimmer.
Alpträume verfolgen mich fast täglich (immer die letzten Minuten, das Rasseln, das Aufbäumen und die weit aufgerissenen Augen beim letzten Atemzug). Das belastet mich so sehr, ständig kreisen meine Gedanken darum, ob ich hätte irgendwas tun können, auch vorher schon, obwohl ich weiss, dass ich die Frage mit ziemlicher Sicherheit mit "Nein" beantworten kann.
Meine Freunde haben mir gesagt, ich wirke in den letzten Tagen sehr verschlossen, ich kann über nichts mehr wirklich lachen, mein Motorrad, das ich sonst wann immer es geht fahre, steht in der Garage und staubt zu. Am liebsten würde ich mich irgendwo in ein Loch verkrümeln...
Selbst der tägliche Spaziergang mit Hund endet in Grübelei.
Gestern abend waren wir auf dem Weihnachtsmarkt. Meine letzte Woche war schon gefühlstechnisch eher bescheiden, aber ich bin dann mit meinem Mann und den Kindern mit.
Als wir wieder zu Hause waren, hab ich wie aus heiterem Himmel losgeheult, völlig grundlos.
Auch heute bin ich mit den Gedanken sonstwo, die Tränen rollen, mal mehr mal weniger...ich wusste nicht wohin und bin zum Friedhof gefahren. Dort hab ich dann in strömenden Regen ne halbe Stunde am Grab gestanden und total verrotzt Selbstgespräche mit dem Grabstein geführt. Das Schlimme an der Sache ist, dass ich es nicht mal beeinflussen kann, die Tränen laufen einfach, auch wenn ich mich noch so zusammenreisse.
Ich fühle mich nicht wirklich gut. Ich dachte die ganze Zeit, ich hätte mich im Griff. Ich hätte die Situation im Griff. Das ist aber scheinbar nicht so. Mich macht das ganze echt fertig.
Ich hab Freunde, mit denen ich rede, die mir auch zuhören(auch welche, die jemanden verloren haben), jeder sagt mir es wird besser.
Ich bin mir mittlerweile nicht mehr sicher, ob das noch "normale" Trauer ist oder ob ich auf dem besten Weg bin, in eine Depression reinzurutschen. Wie kann man so etwas unterscheiden ? Ich bin wirklich am überlegen, ob ich einen Termin bei meinem Hausarzt machen soll, aber es ist mir damals als ich mit Wochenbettdepressionen zu kämpfen hatte, sehr schwer gefallen, über die ganze Sache mit einem "fremden" Menschen zu reden.
Danke fürs Zulesen, ist jetzt doch relativ lang geworden. Für Tips aller Art wäre ich dankbar.