"Medizinische" Phobie - hat jemand noch Tipps für mich
Mir ist das gesamte Thema peinlich und ich möchte auch nicht, dass ein Bezug zu anderen Posts von mir hergestellt werden kann, daher nutze ich die Alias-Funktion.
Das ganze wird ziemlich lang, aber ich wollte auch die Vorgeschichte erwähnen, damit man sich ein besseres Bild machen kann.
Ich habe ein großes Problem mit Arztbesuchen und vielen medizinischen Behandlungen. Schon als Kind gab es hin und wieder etwas Probleme. Ich kam allerdings auch mit meinem damaligen Kinderarzt nicht gut klar (sehr grob und nicht einfühlsam) und habe mich dann ab 13 Jahren geweigert zu diesem Arzt zu gehen. Zum Glück war ich nie ernsthaft krank, Impfungen wurden auch nicht durchgeführt. In der Oberstufe benötigte ich dann jedoch bei jeder Krankheit ein Attest und gerade 18 Jahre alt, bin ich dann zu einer ganz netten Hausärztin gewechselt, die neu ihre Praxis aufgemacht hat. Bei ihr war dann auch alles überhaupt kein Problem. Ich wurde ernstgenommen, mir wurde alles genau erklärt und auch meine Wünsche wurden berücksichtigt. Alles war dann plötzlich okay und ich bin auch ohne Angst oder Unbehagen zur ihr gegangen, wenn was anstand.
Dann kam es nach einigen Jahren, dass ich aufgrund einer dann festgestellten chronischen Krankheit ins Krankenhaus musste. Hierbei sind ganz viele schlimme Dinge gelaufen und seitdem habe ich eine extreme Panik vor Ärzten, Nadeln, zahlreichen Behandlungen. Mir wurde in diesem Krankenhausaufenthalt auch die Schuld für mein Verhalten komplett gegeben, ich würde mich anstellen, Aufmerksamkeit suchen, etc. Seitdem gebe ich mir auch sehr schnell selbst die Schuld für mein Verhalten bei Ärzten, mir fällt es schwer, Forderungen an Ärzte zu stellen, etc. Auch PTBS-Symptome traten anschließend zeitweise sehr stark auf (inklusive Flashbacks, Dissoziationen und Alpträume). Am schlimmsten zeigte sich eine sehr heftige Nadelphobie.
Aufgrund der im Laufe zugekommenen Krankheiten gehören jedoch Arztbesuche, Untersuchungen und auch Nadeln leider zu meinem Alltag dazu. Das ganze war für mich sehr schwierig. Normale Gespräche mit Ärzten waren nicht möglich. Sobald eine Blutabnahme oder ähnliches anstand, habe ich mich nicht mehr wiedererkannt. Hyperventilieren, Todesangst, extreme Schwindelattacken, Gegenwehr, etc. Ich musste für solche Geschichten zum Teil von zwei bis drei Leuten festgehalten werden (jedoch nur mit Einwilligung von meiner Seite aus). Die Angst war 24 Stunden am Tag vorhanden. Nach einer Blutabnahme habe ich wochenlang schon wieder Panik vor der nächsten Blutabnahme geschoben. Wenn ich nur an der Praxis vorbeigehen musste oder dort anrufen musste, habe ich bereits Panik bekommen. Ein normaler Hausarztbesuch war auch mit Panik verbunden, es könnte ja doch irgendjemand auf die Idee kommen, dass eine Impfung/Blutabnahme/Blutzuckermessung, etc. notwendig sein könnte.
Zum Glück hat mich von Anfang an meine Hausarztpraxis wie auch die Facharztpraxis (bzw. dann im Laufe der Zeit auch einige weitere Facharztpraxen) unterstützt. Sie waren mal überfordert, jedoch haben sie das ganze akzeptiert und mich nicht fertig deswegen gemacht. Leider gab es allerdings auch von anderen Praxen sehr negative Reaktionen, von Auslachen über Anschreien und Beleidungungen war alles dabei. Auch "übergriffiges" gewaltsames Festhalten gegen meinem Willen war dabei. Das hat meine Ängste immer wieder sehr stark gesteigert.
Ich bin dann nach einigen Jahren in Therapie gegangen. Erst habe ich 1,5 Jahre Traumatherapie (offiziell VT) gemacht. Dann jedoch, da die Chemie mit der Therapeutin von Anfang an nicht gepasst hat, nochmal gewechselt. Jetzt habe ich nochmal 1 Jahr kognitive VT, mit Fokus auf die kognitive Arbeit und 12 Sitzungen (während eines stationären Aufenthalts) klassische VT, also Konfrontation mit Nadeln, durchgeführt.
Herausgefunden habe ich in dieser Zeit, dass meine Ängste ganz bestimmte "Themen" haben. Angst vor Schmerz, Angst davor Ausgeliefert zu sein, Angst, dass man mir nicht glaubt. Und natürlich auch die Angst vor der Angst.
Es haben sich jetzt auch deutliche Erfolge gezeigt.
So schaffe ich es mittlerweile mit meinen bekannten Ärzten recht gut und ohne Angst zu reden. Blutabnahmen und Impfungen führen dank Emla-Creme plus sehr konkreten Absprachen zu deutlich weniger Panik. Den Arm festhalten muss allerdings immer jemand. Das schaffe ich absolut nicht allein. Und es funktioniert nur bei zwei Praxen. Bei neuen Ärzten funktioniert es gar nicht und dort gibt es immer noch ziemliche Probleme. Blutabnahme dort ist unmöglich, funktioniert nur in zwei Praxen. Aber sonst habe ich bei Anrufen, generell Arztbesuchen ohne Untersuchung, etc. keine Angst mehr. Und auch keine Angst 24 Stunden am Tag, sondern nur direkt in der Situation dann.
Es fällt mir jetzt aber immer mehr auf, dass ich auf viele andere Dinge stark reagiere. Und das ganze auch zu Verweigerung, komplette "Starre" oder heftige Gegenwehr führt. Wobei das ganze wirklich harmlose Dinge sind und viele dann auch sagen, ich stelle mich da einfach extrem an. Zum Beispiel ausziehen für eine Untersuchung ist extrem schlimm. Bspw. EKG mit BH an, funktioniert einigermaßen gut. Sobald ich aber den BH ausziehen muss, beginne ich total das Zittern und z.T. ist eine Messung dann nicht möglich.
Oder auch Abhorchen und Bauch abtasten funktioniert gut, wenn ich nur mein Shirt hochschieben muss. Verlangt der Arzt allerdings, dass ich mich ausziehen soll, fange ich das Zittern an, verkrampfe ich mich und zum Teil wehre ich auch ab, so dass die Untersuchung nicht möglich ist. Ich habe keinerlei sexuelle Übergriffe oder schlechte Erfahrungen erlebt, die sowas erklären würde. Das ganze ist bei bekannte Ärzten deutlich weniger schlimm ausgeprägt als bei neuen Ärzten.
Generell habe ich auch ein Problem mit männlichen Ärzten insb. mit Untersuchungen von diesen. Bei weiblichen Ärzten ist das ganze weniger schlimm. Hier vermutete meine erste Therapeutin ein direkten Zusammenhang mit den negativen bzw. positiven ersten Erfahrungen mit Kinderarzt und meiner ersten Hausärztin. Eine männliche Person (Arzt, Pfleger, männlicher MFA) dürfte mit einer Nadel auch definitiv nicht in meine Nähe kommen.
Was auch ein riesen Problem sein könnte, ich würde nie freiwillig das Okay zu einer Operation geben. Da wäre ich den Ärzten ja auch komplett ausgeliefert.
Ich bin bei allen Dingen extrem darauf angewiesen, dass diejenige Praxis mich unterstützt, mir Zeit gibt und halt auch viele "Sonderwünsche" berücksichtigt. Ohne, funktioniert es gar nicht. Vielleicht hat jemand Tipps für mich, wie ich das ganze noch besser hinbekommen könnte. Ich bin auch sehr anfällig für negative Kommentare, wenn dann mal ein negatives Wort über mich (vor mir, im Nebenraum im Gespräch, im Befund) etc. fällt, fange ich sofort mit zweifeln an. Dann mache ich mir sofort wieder Vorwürfe, gebe mir selbst die Schuld und verweigere mich dann auch wieder.
Auch hat jetzt leider meine Hausärztin aufgehört und ich bin dank Arztmangel zu einem männlichen Hausarzt zwangsweise gewechselt. Er kennt meine Angst, akzeptiert diese auch, weiß, dass er mir auf keinen Fall mit Nadeln zunahe kommen kann. Das macht dann eine der MFAs, die ich seit Jahren kenne. Dennoch gibt es dort viele Probleme, ich verschweige bestimmte Beschwerden, weil sie mir vor ihm peinlich sind. Bisher fand auch noch keine körperliche Untersuchung statt. Wie ich dort reagiere, weiß ich auch noch nicht.
Dazu kommt noch, dass ich aufgrund eines Jobwechsels meine Therapie jetzt sehr schnell und überstürzt abbrechen müsste, sollte ich den Job annehmen. Es wären noch 10 Therapie-Stunden übrig. Theoretisch möchte ich den neuen Job, allerdings möchte ich ungerne die Therapie jetzt abbrechen und habe Angst, alleine jetzt klarkommen zu müssen. Es ist deutlich besser geworden, aber normal ist es nicht und wird es wahrscheinlich nie 100% werden. Jedoch mache ich mir Gedanken, ob die Therapie überhaupt noch sehr viel bewirken kann. Meine Therapeutin ist ein sehr wichtiger Ansprechpartner für mich. Wir reden über meine Ängste, usw. und sie macht mir auch Mut. Aber sonst denke ich, viel erreichen werden wir in der Therapie nicht mehr. Auch der Leidensdruck ist deutlich geringer und viele Dinge sind soo viel besser geworden. Der momentan große Therapieschritt ist nun, dass ich lernen solle mein Verhalten einfach akzeptieren und mich nicht dafür schämen dürfte. Was ich leider immer noch mache, auch aufgrund doch negativer Reaktionen. Es geht ja soweit, dass ich mich häufig nicht traue zu sagen, was gerade das Problem ist und ich - obwohl ich es weiß - austicke, eben weil ich mich nicht traue zu sagen, was gerade nicht passt. Ich weiß selbst, dass das gerade ein sehr großes Thema bei mir ist und weiß auch, dass ich nur selbst schaffen werde, dass sich dieser Punkt ändert. Meine Therapeutin kann mir dabei nicht direkt helfen. Manchmal funktioniert es auch schon, aber dann wieder überhaupt nicht.
So jetzt habe ich sehr viel geschrieben und danke jedem, der dieses Thema überhaupt liest. Ich wäre sehr froh, wenn ich irgendwelche Rückmeldungen, Ideen, Vorschläge etc. bekommen könnte. Auch zum Thema Therapieabbrechen oder nicht, würde ich mich über Ideen und Erfahrungen sehr freuen.